Sekt Herstellung
Prickelndes Handwerk: Wie wird Sekt hergestellt?

Sekt – für viele der Inbegriff von Feierlichkeit – ist weit mehr als nur ein Glas Bläschen zum Anstoßen. Hinter der eleganten Perlage steckt eine aufwendige, teils jahrelange Handarbeit. Vom Lesetermin der Trauben bis zum finalen Korkenknall entscheidet jeder Schritt über Qualität, Stil und Charakter des Schaumweins.
Sekt-Herstellung: Die Grundlagen
Am Anfang steht immer der Grundwein. Dieser wird aus sorgfältig ausgewählten Trauben erzeugt, meist etwas früher geerntet, um eine knackige Säure und moderate Alkoholwerte zu bewahren. Diese Säure ist entscheidend: Sie sorgt dafür, dass der Sekt auch nach langer Lagerung frisch und lebendig bleibt.
Die Trauben werden sanft gepresst, um möglichst klare Moste zu gewinnen. Trübstoffe werden schonend entfernt, damit der Grundwein einen präzisen, sauberen Charakter bekommt. Im Keller entsteht daraus ein stiller Wein – erst in der zweiten Gärung bekommt er sein berühmtes Prickeln.

Arbeit im Weinberg – Der Schlüssel zu hochwertigem Sekt
Ein guter Winzersekt beginnt nicht im Keller, sondern im Weinberg. Winzer, die Schaumwein mit Tiefe und Charakter erzeugen wollen, setzen oft auf niedrige Erträge. Weniger Trauben bedeuten konzentriertere Aromen und eine bessere Balance zwischen Frucht und Säure.
Der Lesetermin ist entscheidend: Für Grundweine wird oft früher geerntet als für Stillweine, um eine frische Säure zu erhalten. In kühleren Jahren kann das schon im August passieren, in wärmeren Regionen etwas später.
Biologisch oder biodynamisch arbeitende Betriebe verzichten auf synthetische Spritzmittel. Das schont nicht nur die Umwelt, sondern fördert auch die Gesundheit der Reben – und das schmeckt man später im Glas.
Méthode traditionnelle – Handwerk mit Geduld
Die traditionelle Flaschengärung, auch „Méthode traditionnelle“ genannt, gilt als aufwendigster und prestigeträchtigster Weg, Sekt herzustellen. Sie ist auch die Methode, mit der Champagner erzeugt wird.
Hier wird der Grundwein zusammen mit einer Mischung aus Hefe und Zucker, der sogenannten Fülldosage, in Flaschen gefüllt. In diesen verschlossenen Flaschen setzt dann die zweite Gärung ein. Die Hefen wandeln den Zucker in Alkohol um – und produzieren dabei Kohlensäure, die im Wein gebunden bleibt.
Einfluss der Lagerzeit
Je länger der Sekt auf der Hefe liegt, desto komplexer wird er. Kurze Reifezeiten bringen frische Zitrus- und Apfelnoten, längere Lager von mehreren Jahren entwickeln cremige Texturen, nussige Nuancen und das berühmte Brioche-Aroma. Die Perlage wird feiner, das Mundgefühl cremiger – ein Luxus, den man nicht in wenigen Wochen erzeugen kann.
Nach der Reifezeit folgt das Rütteln (Remuage). Dabei wird die Hefe langsam in den Flaschenhals bewegt. Heute oft maschinell, bei Spitzenprodukten noch von Hand. Anschließend wird beim Degorgieren der Hefepfropf entfernt – oft spektakulär, wenn er durch den Druck herausgeschossen kommt.
Tankgärverfahren – Frucht im Fokus
Das Tankgärverfahren, auch Charmat-Methode genannt, ist eine schnellere und oft günstigere Variante. Die zweite Gärung erfolgt hier nicht in Flaschen, sondern in großen Drucktanks.
Durch den kürzeren Kontakt mit der Hefe bleibt die Primärfrucht im Vordergrund: knackiger grüner Apfel, saftige Birne, manchmal auch exotische Ananas. Ein Prosecco aus Glera-Trauben duftet nach weißen Blüten und wirkt charmant, leicht und unkompliziert.
In Deutschland nutzen Winzer diese Methode gerne für sommerliche Perlweine, die bewusst nicht mit der Komplexität eines Champagners konkurrieren, sondern durch Frische und Trinkfluss glänzen.

Dosage & Süßegrade – Feintuning vor dem Korkenknall
Nach dem Degorgieren oder Abfüllen aus dem Tank wird der Sekt mit einer Versanddosage versetzt – einer Mischung aus Wein und Zucker, die den finalen Süßegrad bestimmt:
Brut Nature / Zero Dosage – knochentrocken, 0–3 g Zucker/Liter
Extra Brut – sehr trocken, 0–6 g Zucker/Liter
Brut – klassisch trocken, 6–12 g/Liter
Extra Dry – leicht spürbare Süße, 12–17 g/Liter
Sec / Dry – deutlich süßer, 17–32 g/Liter
Demi-Sec – Dessertcharakter, 32–50 g/Liter
Fun Fact: „Dry“ ist im Sekt oft süßer als erwartet – eine charmante kleine Irreführung der Weinwelt.
Die Rolle der Rebsorten in der Sekt-Herstellung
Die Traubensorte prägt den Charakter entscheidend:
Riesling – hohe Säure, Zitrusfrische, Mineralität; ideal für langlebige Sekte
Chardonnay – Eleganz, cremige Textur, dezente florale Noten
Pinot Noir / Spätburgunder – Fülle, rote Frucht, seidige Struktur
Glera (Prosecco) – fruchtig, leicht, floral
Chenin Blanc (Loire) – Apfel, Quitte, Kräuterwürze
Ein wachsender Trend ist Pétillant Naturel (Pét-Nat) – eine ursprüngliche Form der Flaschengärung, bei der der Wein während der ersten Gärung verschlossen wird. Unfiltriert, trüb und lebendig – ein echtes Naturprodukt.
Lagerung & Trinkreife – Wann Sekt am besten schmeckt
Sekt sollte kühl, dunkel und liegend gelagert werden, um den Korken feucht zu halten. Viele Winzer empfehlen, ihn innerhalb von zwei bis drei Jahren zu trinken – Ausnahmen sind hochwertige Winzersekte oder Jahrgangs-Champagner, die auch nach zehn Jahren noch brillieren können.
Die perfekte Serviertemperatur liegt bei 6–8 °C für fruchtbetonte Sekte und 8–10 °C für komplexere, hefereife Exemplare. Ein zu kalter Sekt wirkt verschlossen, ein zu warmer verliert schnell seine Frische.
Historischer Kontext – Vom Luxusgut zur Alltagskultur
Die Geschichte des Sekts beginnt im 17. Jahrhundert in Frankreich. Deutsche Winzer, die in der Champagne gelernt hatten, brachten das Wissen im 19. Jahrhundert nach Deutschland. Anfangs war Schaumwein ein Luxusgut, nur dem Adel und dem wohlhabenden Bürgertum vorbehalten.
Mit technischen Fortschritten wurde Sekt erschwinglicher – und entwickelte sich zum Getränk für viele Anlässe. Heute erlebt er durch handwerkliche Winzersekte und Natursekt eine Renaissance, bei der Qualität und Individualität im Vordergrund stehen.
Mehr als nur ein Prickeln – Das Fazit
Sekt ist ein Ausdruck von Handwerk, Geduld und Stil. Ob traditionelle Flaschengärung mit feiner Komplexität, fruchtbetonte Tankgärung oder naturbelassener Pét-Nat – jede Methode erzählt ihre eigene Geschichte. Wer die Unterschiede kennt, kann bewusster genießen – und entdeckt, dass hinter jeder Perle im Glas eine Entscheidung steckt: vom Weinberg bis zur Dosage.
Sekt ist kein Nebenprodukt des Weins, sondern eine eigenständige, faszinierende Kategorie – mal festlich und glamourös, mal wild und ungefiltert, aber immer mit dem gewissen Funken, der Momente besonders macht.